Häufige Fragen im Strafrecht


wichtiger Hinweis:

Die nachfolgenden Antworten sind allgemein gehalten und stellen keine Rechtsberatung für Ihren konkreten Fall dar.

  • Nehmen Sie keinen Vorwurf auf die leichte Schulter! Nehmen Sie jeden Vorwurf ernst!
  • Der Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht) löst bei vielen Menschen unmittelbar Stress und Verunsicherung aus, egal ob man als Beschuldigter oder als Angehöriger eines Beschuldigten betroffen ist.
  • Dies ist mehr als verständlich: es werden Begriffe verwendet, die man als Laie nicht recht versteht, man hat Angst um seine persönliche Freiheit; Freunde und Bekannte geben Ratschläge, die eher aus dem Gefühl heraus erfolgen.

Ich habe eine Vorladung zu einer Vernehmung bekommen; in der Vorladung werde ich als Beschuldigter bezeichnet. Was soll ich tun?

  • Sollten Sie eine Vorladung von der Polizei erhalten haben, so sollten Sie dieser Vorladung nicht folgen und dort auch keine Aussage machen. Sie sind dazu nicht verpflichtet und Ihnen entstehen dadurch keinerlei Nachteile.
  • Gehen Sie zum Rechtsanwalt, nicht zur Polizei.
  • Beraten Sie sich zuerst mit dem Verteidiger Ihres Vertrauens. Der Verteidiger kann über Akteneinsicht den Stand und den Umfang des Verfahrens in Erfahrung bringen und Sie dann über den Akteninhalt informieren. Erst danach sollten Sie – wenn dies überhaupt sinnvoll ist – eine Aussage machen.
  • Als Beschuldigter eines Verfahrens haben Sie Rechte, die Sie ausüben können, ohne hierfür eine Begründung geben zu müssen. Nutzen Sie diese Rechte!

Ich habe doch gar nichts gemacht! Warum wird gegen mich ermittelt?

  • Nach dem Gesetz ist die Staatsanwaltschaft und die Polizei verpflichtet, Ermittlungen anzustellen, wenn der Verdacht einer Straftat im Raum steht.
  • Wenn es für die Strafverfolgungsbehörde möglich erscheint, dass eine Straftat vorliegt, so reicht dies bereits aus für die Annahme eines Anfangsverdachts und damit auch für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.
  • Im Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft viele Rechte. Sie haben nur wenige Rechte; nutzen Sie diese Rechte für sich!

Muss ich beim Vernehmungstermin erscheinen?

  • Werden Sie von der Polizei als Beschuldigter zu einer Vernehmung vorgeladen, so müssen Sie dort nicht erscheinen. Sie können auch nicht zwangsweise vorgeführt werden. Sie müssen noch nicht einmal den angesetzten Termin zur Vernehmung absagen.
  • Nur wenn Sie vom Staatsanwalt oder vom Ermittlungsrichter geladen werden, kann bei Nichterscheinen Ihre Vorführung angeordnet werden.

Muss ich in der Vernehmung etwas sagen?

  • Jeder Beschuldigte hat ein Schweigerecht; hierüber muss der Beschuldigte von dem Beamten auch belehrt werden: „Ihnen wird vorgeworfen … Es steht Ihnen frei, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.“
  • Üben Sie aktiv Ihr Recht aus – dafür ist es da.
  • Die Ausübung des Schweigerechts muss nicht begründet werden.
  • Und auch: Aus dem ausgeübten Recht dürfen keine nachteiligen Schlüsse gezogen zu werden, wie beispielsweise: „… der hat etwas zu verbergen …“ oder „… er will nichts sagen, weil der Vorwurf richtig ist …“
  • Sagen Sie einfach: „Ich möchte mich nicht äußern, und – falls nötig – wiederholen Sie einfach diesen Satz. Sie können auch schlicht sagen: „Ohne Anwalt sage ich nichts.“ Denn: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“

Muss ich mir einen Anwalt nehmen?

  • Die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist keine Pflicht. Sie haben das Recht, einen Rechtsanwalt als Verteidiger einzuschalten. Nutzen Sie dieses Recht!
  • Der Rechtsanwalt kann über Akteneinsicht den Stand des Verfahrens in Erfahrung bringen und Sie dann über den Akteninhalt informieren. So lässt sich auch die Beweislage und der Umfang des Verfahrens besser einschätzen.
  • Bevor Sie selbst sich vorschnell um Kopf und Kragen reden, schalten Sie einen Rechtsanwalt ein. So vermeiden Sie eigene Fehler, die in der Praxis oft genug vorkommen und meist erhebliche Nachteile mit sich bringen.

Wer trägt die Kosten für den Anwalt?

  • Die Kosten tragen Sie selbst.
  • Nur in Ausnahmefällen besteht unmittelbar ein Anspruch auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers.
  • Die Gewährung von Prozesskostenhilfe scheidet im Strafverfahren aus. Allerdings gibt es für eine erste Beratung die Möglichkeit der sogenannten Beratungshilfe; diese kann nur an dem für Ihren Wohnort zuständigen Amtsgericht beantragt werden; nutzen Sie hierzu folgendes Formular: Antrag auf Beratungshilfe.

Ich habe eine Rechtsschutzversicherung; trägt die Rechtsschutzversicherung die Verteidigerkosten?

  • Die Rechtsschutzversicherung deckt regelmäßig nicht Verteidigerkosten oder die sonstigen Kosten des Verfahrens.
  • Ausnahmen gibt es bei der sogenannten „Strafrecht-Spezial“-Rechtsschutzversicherung sowie bei Vorwürfen im Straßenverkehr bei der „Verkehrs“-Rechtsschutzversicherung.
  • Entscheidend ist insoweit aber immer der konkrete Vorwurf (Vorsatztat oder Fahrlässigkeitstat) und der vertraglich vereinbarte Versicherungsschutz.
  • Die „Verkehrs“-Rechtsschutzversicherung deckt in jedem Fall bei dem Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit im fließenden Verkehr (also nicht: bei Parkverstoß).

Wer trägt die Kosten des Pflichtverteidigers?

  • Der Staat bezahlt den Pflichtverteidiger zunächst für Sie. Nach Beendigung des Verfahrens wird das Honorar des Pflichtverteidigers als Bestandteil der angefallenen Verfahrenskosten in Rechnung gestellt, falls Sie verurteilt wurden.
  • Die Pflichtverteidigung ist also letztlich nicht kostenlos. Im Hinblick auf die Verfahrenskosten können aber regelmäßig Ratenzahlungen mit der Staatskasse vereinbart werden. Sind Sie mittellos, werden die Verfahrenskosten häufig niedergeschlagen und erlassen.
  • Werden Sie dagegen freigesprochen oder wird das Verfahren eingestellt, so trägt der Staat endgültig die Kosten des Pflichtverteidigers – in diesen Fällen ist der Pflichtverteidiger für Sie dann tatsächlich kostenlos gewesen.
  • Jugendlichen werden regelmäßig nicht die Verfahrenskosten auferlegt, so dass auch in einem solchen Fall der Pflichtverteidiger tatsächlich kostenlos ist.

In welchen Fällen muss man einen Verteidiger haben (notwendige Verteidigung/Pflichtverteidigung)?

  • Der Gesetzgeber hält in bestimmten Fällen die Mitwirkung eines Verteidigers im Strafverfahren für absolut notwendig. Dies ist zum Beispiel immer dann der Fall,
    • wenn konkret eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht
    • oder wenn Anklage zum Landgericht erhoben wird
    • oder wenn Anklage zum Schöffengericht erhoben wird
    • oder wenn sich der Beschuldigte in Haft befindet.
  • Es kommt immer auf die drohende Rechtsfolge an; die finanziellen Verhältnisse des Betroffenen sind dabei egal.
  • Soweit der Beschuldigte noch keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht dem Beschuldigten einen Verteidiger (Pflichtverteidiger); der Beschuldigte ist vorher zu fragen, welchen Verteidiger er will.

Kann ich mir meinen Pflichtverteidiger selbst aussuchen?

  • Selbstverständlich ja.
  • Sie können den von Ihnen ausgewählten Verteidiger gegenüber dem Gericht benennen; dann wird dieser als Ihr Pflichtverteidiger bestellt.
  • Sollte Ihnen das Gericht zur Benennung eines Verteidigers Fristen gesetzt haben, halten Sie diese unbedingt ein.

Worin unterscheidet sich der Pflichtverteidiger vom Wahlverteidiger?

  • Das Mandatsverhältnis zu dem Pflichtverteidiger kann nur durch das Gericht beendet werden und auch nur bei Vorliegen wichtiger Gründe.
  • Die Pflichtverteidigerstellung endet regelmäßig erst mit Rechtskraft des Verfahrens. Eine vorherige Auswechselung des Pflichtverteidigers kommt nur selten in Betracht. Eine Ausnahme ist im Revisionsverfahren gegeben: im Revisionsverfahren können Sie den Antrag stellen, einen anderen Pflichtverteidiger beigeordnet zu erhalten.
  • Der Pflichtverteidiger darf seine Leistung nicht von der Zahlung eines Vorschusses abhängig machen; die Kosten des Pflichtverteidigers sind Teil der Verfahrenskosten.
  • Der Mandant hat dieselben Rechte gegenüber dem Verteidiger, gleich ob Wahl- oder Pflichtverteidiger.
  • Der Pflichtverteidiger hat vor Gericht diesselben Rechte wie ein Wahlverteidiger.
  • Weitere Hinweise zur Pflichtverteidigung finden Sie hier.

Was darf die Polizei oder die Staatsanwaltschaft?

  • Nach Einleitung des Verfahrens hat die Staatsanwaltschaft (gegebenenfalls nach Anordnung durch den Richter) eine Vielzahl von Eingriffsrechten, die man als Beschuldigter oder auch als Dritter schlicht dulden muss, beispielsweise folgende:
    • Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung (Fingerabdrücke nehmen, Fotos vom Beschuldigten machen)
    • Durchführung einer Blutabnahme durch einen Arzt; nicht jedoch: Prüfung des Leistungsverhaltens anlässlich einer Verkehrskontrolle zur Feststellung der Fahrtüchtigkeit, wie beispielsweise: „Gehen Sie auf dieser Linie!“ oder „Fassen Sie sich mit dem Finger an die Nase!“
    • Möglichkeiten einer Hausdurchsuchung beim Beschuldigten oder bei einem Dritten
    • Beschlagnahme von Beweismitteln oder von sonstigen Gegenständen, auch Computer und Handy, oder auch von Geld
    • Vernehmung von Zeugen

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