Überblick
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Einführung
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Sling, Die Atmosphäre von Moabit
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Grunwald, Die Leiden des jungen Z.
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Mielke, Das Moabiter Kriminalgericht funktioniert wie ein Dorf
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Mönnich, Architektur (Pläne, Grundrisse und Querschnitte)
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Hoeniger, Gerichtsgebäude Moabit (Justizpalast)
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Kunst am Bau, Austellungen & Fotos
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Hoeniger, Moabit
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Kähne, Gerichtsgebäude in Berlin
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Kriminalgericht Moabit, Denkmal in Berlin
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Fichtner, Die Strafkolonie von Moabit
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Treppe, Geschichtliche Entwicklung der Staatsanwaltschaft Berlin
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Langer, Recht sprechen am Rande des Nervenzusammenbruchs
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Ungerer, Wo steckt der Glasscherbenmann?
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Tucholsky, Justitia schwooft!
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Wilmes, Richter und Gerichtete
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Schertz, Falscher Hauptmann, echte Verbrecher
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Gäding, Ein Blick durchs Panzerglas
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Groschupf, Auf dem Türknauf wacht die weise Eule
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SAT1, Hausmeister im Kriminalgericht Moabit
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Meyers Konversationslexikon von 1885, Eintrag Berlin
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Vogelperspektive
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Einführung
Terminsübersicht zu aktuellen Verfahren unter www.berlinkriminell.de
Die Moabiter Justizgebäude umgibt noch immer eine besondere Aura des staatlichen Machtanspruchs. Obwohl Moabit heute lediglich einer von 96 Ortsteilen des Stadtstaats Berlin ist und der Status als eigenständiger Bezirk bereits mit dem Groß-Berlin-Gesetz von 1920 aufgelöst wurde, hält sich bis heute die Kennzeichnung “Moabit” als Synonym sowohl für die gleichnamige Berliner Untersuchungshaftanstalt als auch ganz allgemein für die im benachbarten Kriminalgerichtsgebäude ansässigen Berliner Strafjustizbehörden.
Das Kriminalgerichtsgebäude (Sitz der Staatsanwaltschaft Berlin, der Strafabteilungen des Amtsgerichts Tiergarten sowie der Strafkammern des Landgerichts Berlin) ist mit der Justizvollzugsanstalt Berlin-Moabit dergestalt verbunden, dass die Verhandlungssäle des Gerichtsgebäudes über einen katakombengleichen unterirdischen Arrestbereich sowie über gesonderte Treppenhäuser unmittelbar und ohne jeden Kontakt nach außen erreicht werden können.
Das Land Berlin verfügt über insgesamt zwölf Amtsgerichte, die über das ganze Stadtgebiet verstreut sind. Durch eine entsprechende Konzentrationsverordnung sind indes alle amtsgerichtlichen Strafverfahren dem Amtsgericht Tiergarten zugewiesen, das sich zum überwiegenden Teil im Kriminalgerichtsgebäude befindet. Darüber hinaus finden im Kriminalgericht Moabit die Hauptverhandlungen aller landgerichtlichen Strafverfahren statt. Gelegentlich nutzt auch das Kammergericht für die dort zu verhandelnden Strafsachen aus Sicherheitsgründen das Gebäude des Kriminalgerichts.
Es ballen sich somit im Kriminalgericht Moabit nicht nur alle amtsgerichtlichen Strafverfahren Berlins; auch das größte Landgericht Deutschlands nimmt für alle seine Strafverfahren Zugriff auf dieses Gebäude. Und damit nicht genug: als größte Staatsanwaltschaft Deutschlands verrichtet die Staatsanwaltschaft Berlin dort ihre Dienstaufgaben mit mehr als 300 Staatsanwälten. Auch heute noch werden alle Verfügungen der Staatsanwaltschaft Berlin mit dem Dienststempel Berlin-Moabit versehen.
Dass sich in dieser juristischen Kleinstadt eigene Gesetzmäßigkeiten entwickeln, versteht sich von selbst. Der Stadtteil Moabit mag politisch längst nicht mehr bestehen, Begriff und Aura „Moabit“ existieren weiter.
Im Folgenden finden Sie viele Informationen und weiterführende Links rund um den Gerichtskomplex Moabit sowie Originaltexte aus vergangener Zeit!
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Sling, Die Atmosphäre von Moabit, aus: Vossische Zeitung, Ausgabe vom 24.12.1926
Skandal.
Das Wort steht in den Zeitungen. Aber die Hallen und Wandelgänge des Justizpalastes liegen nur noch um einige Nuancen stiller und verlassener.
Lautlosigkeit ist eine der unheimlichen Komponenten der Moabiter Atmosphäre. Der prunkvolle Treppenbau mit seinem öden und ungefühlten Schmuck von sandsteinernen Allegorien ist fast immer menschenleer. Zuweilen zieht ein Trüppchen Zeugen die Stufen empor, staut sich vor einer Saaltür. Ein paar Anwälte huschen in ihren Talaren über die Korridore, oder ein Staatsanwalt wird aus dem Amtszimmer, wohin er sich während der Beratung des Gerichts zurückgezogen hat, geholt. Mal ertönt die Stimme eines Wachtmeisters, der eine Sache, einen Zeugen aufruft. Ganz selten, und um so erschreckender, der Schrei eines Nervenkranken, das anhaltende Stöhnen eines Epileptikers, der Wutausbruch eines Verurteilten, das Trompetengezänk von Parteien, die ihren Streit auch außerhalb des Gerichtssaals fortsetzen.
Sonst aber Schweigen, garantiert durch das Vorhandensein von zwei inneren Treppensystemen, deren Existenz eigentlich erst im Gerichtssaal in Erscheinung tritt. Das eine System führt die Zuschauer von der Straße her, das andere die inhaftierten Angeklagten auf verschwiegenen Wegen vom Untersuchungsgefängnis direkt in den Gerichtssaal. Wird im Saal mal eine sofortige Verhaftung verfügt: eine Tür öffnet sich, eine Gestalt ist verschluckt.
Und merkwürdig, wie wenig man in den Hallen vom Geschäftsbetrieb der Gerichte merkt. Da sind die beiden riesigen Gebäude, das alte und das neue, verbunden durch einen langen gewundenen Gang, der wiederum nur den Eingeweihten bekannt ist. Gewiß, man begegnet mal einem Wachtmeister, der Akten schleppt oder auf Karren vor sich her schiebt. Ein paar Türen weiter ist er verschwunden, hat seine Ware abgeliefert.
Der äußeren Nüchternheit, Ereignislosigkeit, der trockenen Sachlichkeit der Amtszimmer widerspricht ein inneres Leben von lebendigster Leidenschaftlichkeit. Da spricht nicht nur die Tatsache, daß das Delikt, das einen Menschen auf die Anklagebank führt, zumeist einem starken, übermäßigen Impulse entsprungen ist: Gier nach Besitz, Geltung, Wollust, Rache. Es ist noch ein anderes. Der geistigen und moralischen Unterwelt, die vor die Schranken gezerrt wird, entspricht eine Oberwelt, eine lichtere reine, geistigere.
Menschen hüben und drüben. Der Mann im Schatten zuweilen ein Gestürzter der Oberwelt. Der Mann im Lichte zuweilen einer, der durch Arbeit und Tugend emporgekommen. Der Mann oben hilft nicht, streckt keine Hand entgegen, darf nicht. Der Mann unten kämpft, schreit wie ein Ertrinkender, beschwört seine Unschuld; man glaubt ihm nicht. Ein Stoß wirft ihn hinab. Oder man glaubt ihm – aber auch dann keine helfende Hand, nur eine Geste im Abwenden: bring dich ins trockene.
Zwischen den beiden Welten einige Mittler: Beamte, Inspektoren, Wachtmeister, Gefängniswärter, Schreiber, Sekretäre – einige Schichten dieser gestuften Welt, dem Angeklagten oft sozial näher als dem Richter. Dann aber der berufenste Mittler: der Verteidiger. Dem Richter sozial ganz nahe, sogar identisch – aber erfüllt von den Geheimnissen des Sünders, entweder sein Vertrauter oder doch ihn durchschauend und trotzdem helfend, nachfühlend, nachdichtend seine Seele, auch wenn sie böse ist. Er beschwichtigt, er beschönigt, er holt seine Argumente aus allen Winkeln der Rechtswissenschaft und ihrer Hilfswissenschaften: Psychologie, Soziologie, Graphologie. Und was da noch ist …
Aber mit den paar Worten ist die Gefahrenstellung nicht umschrieben, in der sich der Verteidiger befindet. Zweifellos gibt es unter den Anwälten eine ganze Reihe von Persönlichkeiten, die das Recht haben, das Wort Gefahrenstellung für die Art und Weise, wie sie ihren Beruf auffassen und wie sie ihn ausüben, abzulehnen. Aber es gibt viele andere, die bei aller Makellosigkeit ihrer Intentionen, bei ausgeprägtem Standesbewußtsein und peinlichster Korrektheit doch sehr genau wissen, wie nahe sie der Gefahr dauernd sind.
Denn der Anwalt spricht nicht nur für den Sünder, er spricht auch für sich, er wirbt für sich. Er übt freien Beruf, er ist kein festbezahlter Beamter, hat als Freiwerbender die Pflicht, als Familienvater und als Staatsbürger für die Mehrung seines Einkommens zu sorgen. Und er, der berufen ist, der Wahrheit zu dienen wie Staatsanwalt und Richter – er bezieht seine Einnahmen aus der Hand des Angeklagten, der eben doch in den meisten Fällen Rechtsbrecher ist. Der Rechtsbrecher, sozial, geistig, moralisch oft tief unter ihm, ist sein Arbeitgeber. Ein solcher Arbeitgeber kann unendlich arm sein, er kann den Anwalt mit den Früchten seiner Verbrechen bezahlen, er kann hochgestellt und reich sein – und ist er das wirklich, so ist er der große Kunde, nach dem sich der Anwalt sehnt. Gewiß stellt so ein Kunde den Anwalt oft auch Aufgaben, die ihn rein beruflich, geistig am meisten interessieren. Zu beweisen, daß ein Großkaufmann, durch das Heer der Paragraphen der Nachkriegszeit zu Fall gebracht, dennoch ein anständiger Mann ist, daß er schon aus rein juristischen Gründen freizusprechen ist – das lohnt sich. Und es ist gewiß herrlich, mit Witz und Gefühl dafür einzutreten, daß eine Tat der Leidenschaft oder der Verzweiflung ihre tiefsten Ursachen in einer Veranlagung des Täters hatte, die den Rechtsbruch mit zwingender Notwendigkeit zur Folge hat. – Aber so einfach liegen die Dinge in den seltensten Fällen, namentlich dann nicht, wenn der Angeklagte wirklich ein reicher Mann ist. Das Geld in seiner Tasche übt Verführung nach allen Seiten. Gewiß nicht nach der Seite des Richters – zuweilen ist es die soziale Stellung eines Angeklagten, die am Richterisch Milde und Verständnis wachruft. Das Geld aber wirkt in die Breite und in die Tiefe. Es kann nicht anders, es muß versuchen, Vergünstigungen, Linderungen, Annehmlichkeiten zu verschaffen. Am Urteil kann es nichts ändern, also über es eine Verführung an den Vollstreckern des Urteils. Wieder und wieder sieht man Opfer des Geldes auf der Anklagebank: Wachtmeister, Gefängniswärter und zuweilen auch Justizsekretäre, von denen der jetzige Skandal wieder ein paar der tüchtigsten getroffen hat.
Und nun auch einen Anwalt. Ist er, den wir alle als einen bescheidenen, arbeitsamen, gutherzigen Menschen kannten, ein so sehr schuldiger Mensch? Gegen welche Paragraphen er gesündigt hat, wird das Gericht feststellen. Wir aber wissen: er ist ein Opfer der Atmosphäre von Moabit. Er ist die lebendige Illustration zu der Frage: Wie kommt der Strafverteidiger zu seiner Praxis? Hätte so ein junger Rechtsanwalt familiäre und freundschaftliche Beziehungen zur Welt der Banken und Großindustrie gehabt, er wäre nie Strafverteidiger geworden. Und das Glück im Unglück, schwere Verbrecher im nächsten Verwandten- und Bekanntenkreise, hat er auch nur selten. Dazu treibt ihn vielleicht Neigung und spezifisches Talent zur Kriminaljustiz.
Wie kommt er aber wirklich zur Kundschaft?
In glücklichen Fällen bilden sich Spezialitäten heraus, Syndikate für bestimmte Erwerbsgruppen, die beruflich den Gefahren des Strafgesetzes ausgeliefert sind. Einer erhascht die Klientel der Polizisten, der andere der Straßenbahner, der Automobilisten. Eine geistige Kapazität schreibt über Wucherverordnungen, und ihm fällt die ganze Kundschaft der Bank- und Handelswelt zu, die unter außerordentlichen Zeitumständen in ungeahnte Situationen gekommen ist. Der versteht sich auf Steuern, jener auf Konkurse.
Schon sind die Möglichkeiten verteilt. Aber hinter den Gefängnismauern hocken genug Angeklagte. Welcher Name dringt zu ihnen? Früher war es einfacher; da nannte die Zeitung den Namen jedes Verteidigers, der irgendwo auftrat. Aber die Zeitungen sind vorsichtiger geworden, aus guten Gründen. Wie sich bemerkbar machen dem Vertreter des letzten „großen Falles“, der eben eingeliefert wurde?
Hat man nicht sowieso dies und das im Untersuchungsgefängnis zu tun? Spricht man nicht mit Wärtern und Wachtmeistern? Und war der Kerkermeister, selbst ein Mann im tiefsten Schatten, nicht immer, seitdem es Kerker gibt, ein Mann mit viel Durst und wenig Butter auf dem Brot? Ein Zettel wird zugesteckt. In der Schale des Angeklagten häufen sich die Visitenkarten – und es ist ein neues System entstanden, ähnlich den Treppen im Gerichtsgebäude. Heimliche Leitungen gehen hin – sie gehen auch her. Recht verschwistert sich mit dem Unrecht, verknäult sich unlösbar.
Die Wachtmeister fallen zu Dutzenden. alle paar Wochen sieht man sie, arm und kläglich vor dem strengen Richter, der das Unkraut ausrotten will. Heimlicheres verhandelt man vor der Anwaltskammer, die spürt und tastet. Und einmal wächst das Gemurmel zum Skandal. Einen trifft es. Ist er der Schuldigste?
Andere, viele andere, verschmähten die Mittel und Mittelchen und kamen doch zum Ziel.
Andere, noch mehr andre, sind auch im Anfang bedenkliche Wege gegangen und haben heute das Glück, sich nicht mehr zu erinnern.
Den kleinen armen Anwalt fraß es auf, das gefräßige Verbrechertum. Spielte erst mit ihm, ließ ihn alle Ängste durchkosten, bis es ihn verschluckte.
Opfer der Moabiter Atmosphäre, einer Atmosphäre unausgeglichener Widersprüche, unbeschwichtigter Leidenschaften. Menschentum, verschlossen hinter dem Harnisch der Korrektheit, versteinert wie die blöden allegorischen Gestalten im Treppenhaus – neben dem lebendigsten Strom des Leides und Mitleidens.
Ehre denen, die mit reinem Herzen und reiner Hand hier hindurchschreiten. Aber eine stets wachsende Last der Verantwortung, der Sorgen und des Mitgefühls für den, der es mit offenen Augen tut.
- zu dem Autor Sling vergleiche auch den Artikel „Der Menschenfreund„, von Hans Holzhaider, in: Süddeutsche Zeitung vom 31.03.2003, sowie den Beitrag von Rena Jacob, „Sling war sein Pseudonym„, veröffentlicht auf www.wider-des-vergessens.org
- zu der Sicht des Berliner Strafverteidigers Erich Frey (1862 bis 1964) vergleiche dessen Autobiographie: „Ich beantrage Freispruch„, 1959
- zu wichtigen Strafverteidigern am Kriminalgericht Moabit vergleiche den Beitrag von Ismar Lachmann, „Die Größen der Berliner Advokatur„, aus: Das Kriminal-Magazin, August 1931, herausgegeben von Edgar Wallace, veröffentlicht auf der Internetseite www.anwaltsgeschichte.de
- vergleiche auch die Beiträge des Berliner Strafverteidigers Max Alsberg in der Illustrierten „Uhu“ („Der Verteidiger hat das Wort„, „Ich beantrage Freispruch„), veröffentlicht auf der Internetseite www.alsberg.de
- zu der Gerichtsreporterin Gabriele Tergit vergleiche die Internetseite „Die Stenographin des Verbrechens„, von Lydia Leipert vom 17.03.2008, auf www.einestages.spiegel.de, sowie das Interview mit Nicole Henneberg „Wie es zu Hitler kommen konnte„, vom 31.07.2018, auf www.deutschlandfunk.de
- zu dem Gerichtsfotograf Leo Rosenthal vergleiche den Beitrag „Berliner Alltag vor Gericht„, von Susanne Gannot, aus: die tageszeitung vom 30.05.2011, unter www.taz.de, sowie den Beitrag von Ferdinand von Schirach, „Diven, Diebe, Diktatoren„, vom 17.08.2011, auf www.einestages.spiegel.de, sowie www.dradio.de: „Hitler vor dem Richter“, Leo Rosenthal, Ein Chronist in der Weimarer Republik, Fotografien 1926 bis 1933, hierzu auch www.culturmag.de
- eine Terminsübersicht zu aktuellen Verfahren am Kriminalgericht Moabit gibt es hier
- Deckenreliefs der beiden Schwurgerichtssäle (Saal 500 und Saal 700) des Kriminalgerichts Moabit:
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Michael Grunwald, Die Leiden des jungen Z., aus: Das Neue Kriminalgericht in Moabit, Festschrift zum 100. Geburtstag
- Näheres zu „Das Neue Kriminalgericht in Moabit“ (Inhaltsverzeichnis hier), Festschrift zum 100. Geburtstag, herausgegeben von Alois Wosnitzka, 2006, findet sich hier.
- zu dem Sinnspruch „Die Sonne bringt es an den Tag“ vergleiche das gleichnamige Gedicht von Adelbert von Chamisso sowie das Märchen aus der Sammlung Brüder Grimm („Die klare Sonne bringts an den Tag„)
- zum Zeugenzimmer im Kriminalgericht Moabit vergleiche den Beitrag von Rudolf Hausmann: „Das Zeugenzimmer im Kriminalgericht Moabit„
- zum Fahrstuhl im Kriminalgericht Moabit vergleiche die Anfrage der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus: „Kleine Anfrage zum Behindertenfahrstuhl„
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Michael Mielke, Das Kriminalgericht Moabit funktioniert wie ein Dorf, aus: Berliner Morgenpost, Ausgabe vom 09.02.2014
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Rudolf Mönnich, Pläne, Grundrisse und Querschnitte, aus: Homepage des Architekturmuseums der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek, Inventarnummern 29429 bis BZ-F 24,015, sowie Homepages der Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Justiz
- „Das neue Kriminalgericht in Berlin-Moabit“, Beitrag vom Königlichen Baurat Carl Vohl, Zeitschrift für Bauwesen, Nr. 58, 1908, abzurufen auf dem KOBV Volltextserver (Kooperativer Bibliotheksverband Berlin-Brandenburg),
- Teil I, Seiten 330 ff (PDF-Datei, dort Seite 1-16)
- Teil II, Seiten 548 ff (PDF-Datei, dort Seite 20-33)
- architektonische Grundrisse und Querschnitte, historische Bilder: „Erweiterungsbau“ Kriminalgericht (neues Kriminalgericht) und Untersuchungsgefängnis Moabit (1902 bis 1906)
- architektonische Grundrisse und Querschnitte: Kessel- und Maschinenhaus, Untersuchungsgefängnis Moabit
- zur architektonischen Beschreibung des Neuen Kriminalgerichts Berlin vergleiche auch den Abschnitt hierzu in der Dissertation „Die Architektur deutscher Landgerichte zwischen 1900 und 1920„, Seiten 59 bis 65 (PDF-Datei), von Otto Kästner, 2012 (Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main)
- zum alten Kriminalgericht (sowie zur JVA Moabit) vergleiche auch die ausführliche Darstellung von H. Herrmann: „Das Criminalgerichts-Etablissement zu Berlin im Stadttheile Moabit„, in: Zeitschrift für Bauwesen, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Jahrgang 35 (1885), Spalten 15-28, 521-536, Tafeln 19-25, 62-65, abzurufen über den Server der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (Digitalisat).
- zum alten Kriminalgericht, erbaut 1877/1882, abgerissen 1953 (Bildarchiv Foto Marburg)
- Historischer Hintergrund JVA Moabit
- Gebäudedaten und Beschreibung
- Historischer Hintergrund Amtsgericht Tiergarten
- zum Bau des Kriminalgerichts 1882 vergleiche auch den Beitrag in dem Centralblatt der Bauverwaltung vom 18.02.1882, herausgegeben vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten, dort Seiten 56 ff: „Das neue Criminalgericht in Berlin-Moabit“ (in der PDF-Datei auf Seite 4 f), abzurufen auf dem KOBV Volltextserver (Kooperativer Bibliotheksverband Berlin-Brandenburg)
- kurze Übersicht zu den Plänen auch auf www.europeana.eu
- zum „Einspar-Contracting“ für das Kriminalgericht Moabit als Europäisches Leuchtturmprojekt vergleiche die Übersicht von Dr. Riedel Automatisierungstechnik GmbH (PDF-Download), vergleiche insoweit auch die Mitteilung der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH zum Haus C sowie den Bericht in der Berliner Woche vom 09.02.2011 auf www.moabitonline.de
- „Kälte im Amtsgericht Moabit: Wo Ankläger und Verteidiger gemeinsam bibbern„, von Beatrix Boldt vom 01.01.2008, unter www.spiegel.de
- Dienst-Instruktion vom 20.10.1839 für das Königliche Kriminal-Gericht zu Berlin
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Franz Hoeniger, Gerichtsgebäude Moabit, aus: Großstadt-Dokumente, Band 24 (Berliner Gerichte), 1906
Gerichtsgebäude Moabit.
Der alltägliche Charakter Moabits ist an anderer Stelle gewürdigt. Noch gewaltiger als sonst stürmen die Eindrücke auf den Beschauer ein, sowie dies Gericht seinen berühmten großen Tag hat. Mitunter entsteht dieser große Moment erst am zweiten oder dritten Tage eines Sensationsprozesses. Die Presse weist darauf hin, und schon tags zuvor beginnt der Ansturm auf die Beamten, welche über die Billette verfügen. Glücklich derjenige, der noch eins erhascht, denn die kleine rote oder grüne Karte öffnet nicht nur den Zutritt zu dieser sensationellsten und begehrtesten aller Vorstellungen, sie repräsentiert direkt ein Wertobjekt von nicht geringer Höhe. Sollen doch z. B. in den stürmischen Tagen des Plötzenseeprozesses die Einlaßkarten mit 40 bis 50 Mark bezahlt worden sein. Aber der richtige Moabiter Kriminalstudent wertet an diesem Tage seine sonstigen Begriffswerte um: lieber dabei sein, als selbst 50 Mark in der Tasche fühlen.
Und nun der Morgen des großen Tages: Zunächst erscheinen die Photographen, denn hier gilt es den berühmten Vorsitzenden oder den Staatsanwalt auf die Platte zu bringen, damit er in der Berliner Illustrierten erscheine, und wenn man es nicht sehr glücklich und versteckt abpaßt, lassen sich die Herren nicht gern fassen. Zuerst von allein erscheint denn meinstens auch der Vorsitzende, gilt es doch noch mitunter im letzten Augenblick Verfügungen für die Sitzung zu treffen, Zeugen telegraphisch zu laden, mit der Staatsanwaltschaft, der Polizei Rücksprache zu nehmen usw. Nicht lange darauf fahren die Verteidiger vor, haben doch auch sie noch Vorbereitungen zu treffen, Akten einzusehen, die Rollen zu verteilen, Mut zuzusprechen. Hier sieht man auch schon die erste Equipage, die den berühmten Doktor X. vor das große rote Portal fährt. Dazwischen kommen dann die glücklichen Inhaber der Einlaßkarten, Reporter, Schaulustige, die noch Einlaß zu finden hoffen, Zeugen, Sachverständige, Richter und last not least die Herren Angeklagten. Mitunter kommen sie aber auch nicht, und dann war aller Liebe Müh umsonst.
Und dieses ganze endlose Volk ergießt sich in die Korridore und Säle, man plaudert, lacht, ißt, trinkt, und nicht immer nur alkoholfrei, aus dem im Gebäude selbst belegenen Erfrischungsraum. Vor dem Hause halten ein Dutzend Motorräder der großen Berliner Zeitungen, die die frischen Berichte stückweise im Eiltempo den Redaktionen zuführen sollen; denn schon die Mittagszeitung soll den Anfangsbericht bringen, und viele sind unglücklich, wenn sie nicht im Abendblatte den ganzen Sitzungstag ausführlich beschrieben finden. Das erfordert mitunter wahre Wunder der Geschwindigkeit in der Übertragung von Stenogrammen, Abfertigung der Boten, im Druck und Satz.
Und dann erschallt im Innern die berühmte schrille Klingel.
- „Ein deutsches Gefängnis„, in: Die Zeit, 27.03.1992, aus www.zeit.de
- zur Architektur des Zellengefängnisses Berlin-Moabit (erbaut von 1842-1849, abgerissen 1955) vergleiche auch „Das Gefängnis als staatliche Bauaufgabe„, Susanne Braun, Dissertation 2003, PDF-Datei, dort Seite 242 ff
- „Verhaltungs-Vorschriften für die Gefangenen in den Einzelzellen der Königlichen Strafanstalt zu Moabit“, in: Karl Eduard Schück, Die Einzelhaft und ihre Vollstreckung in Bruchsal und Moabit, 1862, dort ab Seite 147 (Google-Books) zum Zellengefängnis Berlin-Moabit (Lehrter Straße)
- „… und ihrer aller wartete der Strick„, Das Zellengefängnis Lehrter Straße 3 nach dem 20. Juli 1944, von Johannes Tuchel (Leseprobe, Google-Books)
- Geschichtspark ehemaliges Zellengefängnis Berlin-Moabit
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Kunst am Bau
Skulpturen rund um das Kriminalgericht Moabit
- Kunst am Bau: Löwe, aufgestellt 1895, entstanden 1883, von Albert Wolff
- moderne Kunst am Bau: Obelisk, 1990, von Rudolf Valenta
- moderne Kunst am Bau: Justitia, 1984, von Ludmila Seefried-Matèjková
- moderne Kunst am Bau: Verirrung, 1966, von Hans-Joachim Ihle
Ausstellungen im Kriminalgericht Moabit
- Ausstellung von Marina Prüfer, 2001 (mit Kommentar von Hans-Günter Goldbeck-Löwe)
- Ausstellung von Kulturring in Berlin e. V., 2004
- Ausstellung von Ina Kupfer, 2006
- Ausstellung „Der Fluch“, 2007
- Ausstellung von Melanie Vogt, 2012
- Ausstellung „Single Moms“, 2015
Fotos aus dem Kriminalgericht Moabit
- Innenausstattung: Restauration Saalmöblierung
- Fotos von Günter Paßmann: Eingangshalle und Treppenhaus
- Fotos von Vilmoskörte: Eingangshalle (Figuren)
- Detailfotos von Jürgen Dietrich (auch auf google+)
- Fotos auf www.flickriver.com
- Fotos der Eingangshalle von Mark Nitschke
- Postkarte: Altes Kriminalgericht (weitere Postkartenmotive auf www.ak-ansichtskarten.de)
- Kriminalgericht Moabit als Filmkulisse
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Detailfotos vom Haupteingang des Kriminalgerichtes in Berlin-Moabit
Franz Hoeniger, Moabit, aus: Großstadt-Dokumente, Band 24 (Berliner Gerichte), 1906
Moabit.
Es gibt wenige Gerichtsstätten mit gleich persönlicher Note in der Welt. Der Stadtteil hat dem Gebäude seinen Namen gegeben, das Gebäude hat den Sinn des Namens umgeprägt und ihn zu geflügelten Wort gemacht. Das Wort ist dann seiner Bestimmung gemäß durch alle Lande getragen worden. „Moabit“ ist heute für alle Welt der kollektive Begriff für eine ganze Anzahl mit der deutschen Strafjustiz in Verbindung stehender Dinge. „Moabiter Justiz“, „Moabiter Richter“, „er war schon in Moabit“, „ein Moabiter Junge“ usw. sagt man und wird in Paris und London ebenso wie in Rixdorf verstanden.
Das einzigartige dieses Gerichts äußert sich aber noch in etwas anderem. Es gibt viele hundert Kriminalgerichte in ganz Deutschland, aber keines davon darf sich rühmen, nicht allein von der Sage umwoben, sondern direkt zum Mittelpunkt und Gegenstand einer ganzen Literaturgattung geworden zu sein. In der Tat, es gibt einen Moabiter Roman, und er wird nicht allein von Berliner Autoren gepflegt, sondern auch fremde Schriftsteller halten es für angezeigt, den Knoten kriminalistischer Probleme, den sie geschürzt haben, in Moabit entwirren zu lassen. Es sind dann in den Empfindungen des Leserpublikums von vornherein jene Schauer des Ortes und jene düsteren Tiefen des Hintergrundes gegeben, deren man benötigt. Moabit lebt aber nicht allein im Romane, es lebt auch im Volksliede. Darauf hat meines Wissens zuerst Hans Hyan hingewiesen. In der Tat soll es in Berlin eine Poesie geben, die sich mit den Schrecken diese Ortes und seiner Begebnisse befaßt, und sie hat ihre Helden, die das Lied verherrlicht. Proben findet man beispielsweise in dem Hyanschen Romane „Tausend Mark Belohnung“.
Trotzdem, wie gesagt, sich die Literatur in so ergiebiger Weise mit Moabit befaßt, kommen die meisten Schilderungen nicht über gewisse Äußerlichkeiten hinweg. Da spielt der große rote Ziegelpalast mit den düsteren Kirchenfenstern eine Rolle, da wimmelt es von Geheimpolizisten und Schutzleuten, da füllt ein Publikum aller Gesellschaftsschichten, Verbrecher, Dirne, Schaulustige alle Räume und Gänge, da weilen die berühmten Verteidiger, in deren Macht die Rettung liegt usw. Das alles trifft nicht den Kernpunkt. An sich würde es auf den Treppen und Fluren Moabits nicht viel anders zugehen, als in anderen Gerichtsgebäuden großer Städte. Die originale, nirgends wiederkehrende Note in dieses Treiben bringt erst das Berliner Publikum mit seinen Besonderheiten. Die Kriminalgerichte anderer, selbst größerer Orte sind fast durchgängig die Gerichtsstätten für das arme Laster. Das tritt äußerlich mitunter so stark hervor, daß das Erscheinen eines auch nur anständig gekleideten Menschen direkt auffällt. Dazu kommt eine aus der Armut und ihren Lebensbedingungen resultierenden, beinah monotone Wiederkehr derselben Straftaten, Eigentumsdelikte, Roheitsdelikte und wieder Eigentumsdelikte, Beleidigungen und Widerstand gegen die Staatsgewalt in ermüdender Einförmigkeit, ohne jede Spur des Interessanten, nichts was dem Kopf, der Menschenkenntnis, der Psychologie des Richters einmal Aufgaben böte. Nichts Öderes wie die übliche Strafjustiz der Klein- und Mittelstadt. In Berlin spielen Feld- und Wiesenstraffälle der angedeuteten Art natürlich auch eine Rolle, aber diese verschwindet in der Fülle der Erscheinungen anderer Art. Zunächst tritt der Charakter der Armut als des immer wiederkehrenden Delinquenten ganz in den Hintergrund, denn auch der Arme pflegt sich in Berlin nicht abgerissen zu kleiden und unsicher zu bewegen. Sodann aber sind natürlich diejenigen Schichten, aus denen sich das Verbrechertum in einer Weltstadt wie Berlin rekrutiert, unendlich weiter gezogen, wie an jedem anderen Orte Deutschlands. Da ist der starke Einschlag der Halb- und Lebewelt, da ist der vom rechten Wege abgewichene Beamte, der verloren gegangene Offizier, der betrügerische Unternehmer, der ungetreue Bankier, der Hochstapler, der internationale Gauner, der Münzverbrecher, der Perverse. Dazu kommen politische Anklagen, ungeheure Bankbrüche, die den nationalen Wohlstand gefährden, Hofintriguen, kurz eine Welt aller nur erdenklichen Delikte, die in alle Höhe und Tiefen des Lebens führt. Das ist das große Material des Moabiter Richters. Und wie den meisten ihr Dichten und Trachten, ihre Geschichte auf dem Gesichte zu lesen steht, so geht es diesem Publikum. Eine Hundertköpfige, tausendfach differenzierte, kaleidoskopische Welt flutet durch die Räume. Hier fahren wirklich Equipagen vor, hier sieht man Toiletten, Uniformen, Ordenssterne, das gedankenreiche Antlitz des Gelehrten, den Schmuck der berühmten Schauspielerin, die Helden der Presse und die Koryphäen des Barreau. Es ist die große internationale Welt, die hier einen ihrer Treffpunkte hat, wie in Nizza oder in Kairo.
Und diese Welt fiebert in ganz besonderen Sensationen. Es ist denn schließlich doch noch ein ander Ding um Leben, Freiheit und Ehre zu kämpfen, als zu spielen, Sport zu treiben, oder zu flirten. Die Qual der Erwartung, die Pein des Kampfes, die gegenseitige Folterung durch Blicke, Flüstern, Kichern drückt diesen Gesichtern besondere Stempel auf. Es geht ein Rauschen und Raunen wie vor kommenden Ungewittern die Korridore entlang, bis die Klingel ertönt der Aufruf der Sache für einen Augenblick die Spannung unterbricht.
…
Nun, die Neuzeit hat eben andere Anforderungen gestellt, die gebieterisch ihr Recht heischen. Wenn man erwägt, daß in Berlin mehr Riesenprozesse mit zum Teil mehrwöchentlicher Dauer verhandelt und entschieden werden, als im ganzen übrigen Deutschland, bekommt man erst einen Begriff von dem Riesenaufwand an Wissen, Arbeit und Energie, der hier beansprucht werden muß. Noch dazu werden diese Prozesse ja gewissermaßen nebenher erledigt. Das Regelmäßige, die ordentlichen Tagungen der Kammern, gehen wie sonst vor sich. Und welche Sachen gelangen dabei zur Verhandlung! Man kann in der Provinz getrost ein tüchtiger Strafrichter und Verhandlungsleiter sein, der heiße Berliner Boden fordert mehr. Gottlob werden dann auch die Strafkammervorsitzenden nur aus den erlesensten Kräften erwählt, und stets fanden sich unter ihnen eine Reihe von Personen mit genialen Fähigkeiten. Genügte jemand hier, so war er für die große Karriere prädestiniert.
Natürlich haben sich solche Richter nicht nur Achtung, sondern auch Vertrauen zu erwerben gewußt. Es ist unwahr, daß das Volk ganz allgemein das Vertrauen in seine Richter verloren habe. Natürlich wird jemand, der sich bestraft sieht, in der ersten Aufwallung des Gefühls den Richter schelten zu dürfen glauben, und leider findet solches Schelten, finden einzelne nicht genügend aufgeklärte Vorkommnisse leicht den Weg in die Öffentlichkeit und reizen zur Kritik. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist die Einsicht groß genug, die Sühne, die eigene Verfehlung finden mußte, nicht als Willkür des Gerichts zu deuten. Das wird jeder Verteidiger bestätigen. Noch erreicht die Zahl der Berufungen und gar erst der Revisionen nicht ein Viertel aller verurteilenden Erkenntnisse der anzugreifenden Instanz. Noch steht das Vertrauen in den preußischen Strafrichter als der „rocher de bronze“ da, und jede Hetze einzelner Mißvergnügter wird daran zerschellen.
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Volker Kähne, Gerichtsgebäude in Berlin, Eine rechts- und baugeschichtliche Betrachtung, 1988
In diesem Buch gibt Kähne einen Überblick über Entstehungsgeschichte und Architektur des Kriminalgerichtsgebäudes (Seiten 64 bis 76) sowie einen historischen Abriss des 1906 errichteten Gebäudes.
- Einzelheiten des Baus sind folgendem Überblick zu entnehmen
- zur Historie der unmittelbar angrenzenden Untersuchungshaftanstalt Moabit, die seit 1881 in Betrieb ist, ist folgender Überblick zu empfehlen
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Kriminalgericht Moabit, Denkmal in Berlin, aus: Denkmale in Berlin. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
- vergleiche auch den Beitrag von Jan Schulz-Ojala zu den drei Türmen des Kriminalgerichts, „Unter dem Richterhimmel“, in: Tagesspiegel, Ausgabe vom 06.09.2014, unter www.tagesspiegel.de, mit Fotos vom Dachboden und von den Türmen
- Nähere Informationen finden Sie auch in den Beiträgen von Dr. Berthold Grzywatz: „Das Kriminalgericht Moabit„, in: Geschichtslandschaft Berlin. Orte und Ereignisse, Band 2, Tiergarten, Teil 2, Moabit, herausgegeben von H. Engel/S. Jersch-Wenzel/W. Treue, Berlin 1987, Seiten 216 bis 235, sowie „Die Untersuchungshaft- und Aufnahmeanstalt Moabit„, ebenda, Seiten 187 bis 201.
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Ullrich Fichtner, Die Strafkolonie von Moabit, aus: Die Zeit, Dossier (Die Strafkolonie von Moabit), 07.09.2000
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Hans-Wolfgang Treppe, Geschichtliche Entwicklung der Staatsanwaltschaft Berlin, aus: Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, herausgegeben von Klaus Geppert, 1990
- vergleiche auch den Beitrag von Professor Dr. Maximilian Herberger zu Geschichte und Aufbau der Staatsanwaltschaft
- vergleiche auch die Buchbesprechung von Martin Rath („Die Gürteltierpfleger vom Kriminalgericht Berlin-Moabit„) über Robert Pragst, Auf Bewährung, Mein Jahr als Staatsanwalt, in LTO, Ausgabe vom 13.11.2011, veröffentlicht auf www.lto.de
- zum jährlich stattfindenden Weihnachtssingen am sogenannten Verlobungsring siehe auch das folgende Weihnachtssingen am Verlobungsring (aus dem Jahr 2015):
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Annette Langer, Recht sprechen am Rande des Nervenzusammenbruchs, aus: Der Spiegel, 2002
- zur Büroleiterin der Pressestelle, Jacqueline Wilcke, vergleiche den Video-Beitrag auf www.berlinfolgen.2470media.eu
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Klaus Ungerer, Wo steckt der Glasscherbenmann?, aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 20.09.2006
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Kurt Tucholsky, Justitia schwooft!, Stück für Berthold Jacob
Justitia schwooft!
Nachts im Treppenhaus des Berliner Kriminalgerichts
Die Justitia, die tagsüber in Stein gehauen dasteht, löst sich von der Wand und tappt, mit verbundenen Augen, einige Schritte vorwärts. Im Halbdunkel leuchtet auf dem Boden ein weißer Strich. Sie geht darauf.
Die Justitia: Diese verdammte Binde -! Fort mit dem Zeug – jetzt siehts ja keiner! Ratsch – da liegt die Waage – ich weiß doch, wie gewogen wird – und – Bautsch! da das Schwert! Hol doch der Teufel diesen ganzen Betrieb! Ein netter Aufenthalt so weit – wo ist der Spiegel? (Sie spiegelt sich in einer Glastür. Ordnet ihr Haar. Legt Rot auf, Puder, Lippenstift.)
(Sie trällert leise vor sich hin):
Von vorne – von vorne – da ist er ganz von Horne –
von hinten – von hinten …
Die Uhr: Bim – Bam – Bum!
Die Justitia: Hab ich mich erschrocken! Das … das war nur die Uhr …! Na, Uhr – wie gehts denn?
Die Uhr: Bum –
Die Justitia: Wir beide werden auch nicht jünger, wie? Na, wieviel schlägts denn jetzt bei dir, in der Republike?
Die Uhr: Bum – bim – bam – bum – bim – bam – bum – bam – baum – bim — baum – bum – bum!
Die Justitia: Dreizehn! Allerleihand! Und ich halte mich hier mit politischen Gesprächen auf! – Wo bleibt er denn? Ei, dort kommt er ja just -!
Der Staatsanwalt: (pfeift auf zwei Fingern)
Die Justitia: Ludwig! Wo bleibst du so lange!
Der Staatsanwalt: Meechen …! (Kuß) Wo ick solange bleibe? Akten ha’ck jeschmiert … Bolschewistensachen!
Die Justitia (an seiner Schulter): Du sorgst so nett für Kundschaft, Luichen!
Der Staatsanwalt: Allemal. Det du mir die Brieder bloß richtig behandelst! Die Feinen fein – und die Kerls, na: Reichsgericht.
Die Justitia: Luichen – mach ichs vielleicht nicht richtig? Marburg? Marloh? Frag mal in Leipzig, warum daß die Talare von meine Reichsgerichtsräte so rot sind –
Der Staatsanwalt: Dette mir den Ledebour freijesprochen hast – det kann ick da heute no nich vasseihn!
Die Justitia: Nich haun!
Der Staatsanwalt: Seh dir vor, Meechen! Treib ick dir dassu die Kundschaft zu? Watt ziehste dir aus? Zieh doch die Jungens aus! Wozu hab ick dir denn det Jeschäft lern lassn?
Die Justitia: Luichen! Wo machen wir denn heute ahmt hin?
Der Staatsanwalt: Heute nacht? Jehn wa schwoofn! Ins Auditorium Maximum von de Universität! Die janzen Rektoren sind da – lauter orntliche Leute – Reserveoffiziere und so. Kannste was erben! Benimm dir!
Die Justitia: Ick wer dir schonst keine Schande machn! Ich will auch immer dein braves Mädchen sein … Mich sieht keiner nackt, aber ich seh sie alle. Du süßer Paragraphenlehrling!
Der Staatsanwalt: Streiker und Revoluzzer und Demokraten und Spartakisten und Unabhängige und Pennbrüder und Pazifisten und Schriftsteller und Kommunisten und all das Pack – wohin?
Die Justitia: Ins Kittchen, Luis!
Der Staatsanwalt: Und die Offiziere? Und die feinen Leute? Wohin?
Die Justitia: Raus aus die Anklagebank, Luis!
Der Staatsanwalt: Und wenn sie Republik spielen – was tun wir?
Die Justitia: Wir bleiben unserm Kaiser treu!
Der Staatsanwalt: Denn was haben wir?
Die Justitia: Wir haben die Unabhängigkeit der Justiz!
(Achtunddreißig Hühner treten auf, lachen und trippeln wieder ab.)
Der Staatsanwalt: Und die Waage?
Die Justitia: Hängt schief.
Der Staatsanwalt: Und die Binde?
Die Justitia: Hat Gucklöcher.
Der Staatsanwalt: Und das Schwert?
Die Justitia: Ist zweischneidig. Komm, Luis, gehn wir tanzen!
Der Staatsanwalt (mit Überzeugung): Du süße Sau -! (er pfeift auf zwei Fingern)
Beide: Justitia geht schwoofen! – Haste so was schon gesehn! – Sie biegt sich und schmiegt sich – man läßt es geschehn! – So tief duckt kein Knecht sich – wie diese Nation – Justitia, die rächt sich – für die Revolution! – Die Deutschen, die dofen – die geben schon Ruh – Justitia geht schwoofen – sie hats ja dazu -!
(Beide keß tanzend ab)
- „Anwalt ohne Recht„, Schicksale jüdischer Anwälte in Deutschland nach 1933, Wanderausstellung des Deutschen Juristentages und der Bundesrechtsanwaltskammer
- Näheres zu Kurt Tucholsky auf der Homepage www.tucholsky-gesellschaft.de
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Annette Wilmes, Richter und Gerichtete, Das Moabiter Kriminalgericht wird 100 Jahre alt, Radiosendung von Annette Wilmes
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Georg Schertz, Falscher Hauptmann, echte Verbrecher, aus: Der Tagesspiegel, Ausgabe vom 16.04.2006
- Text des Beitrages auf www.tagesspiegel.de
- Bildergalerie: Blick hinter die Kulissen vom Moabiter Kriminalgericht, auf www.tagesspiegel.de, vom 09.05.2013
- zur Einstellung des Verfahrens gegen Erich Honecker vergleiche auch das Manuskript eines Radiobeitrages von Annette Wilmes
- zu den Politbüroprozessen am Kriminalgericht Moabit vergleiche auch die 1996 erschienenen Dokumentationen von Dietmar Jochum
- Katrin Bischoff: „von Mördern, Terroristen und Fassadenkletterern„, aus: Berliner Zeitung, Ausgabe vom 02.08.2015, auf www.berliner-zeitung.de
- eine Übersicht zu weiteren Prozessen ist hier zu finden
- Einzelheiten zu dem Ausbruch aus der JVA Moabit in 2014 auf www.bild.de; Stellungnahme des Justizsenators Thomas Heilmann (CDU) zu dem Ausbruch aus der JVA Moabit in 2014:
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Marcel Gäding, Ein Blick durchs Panzerglas, aus: Berliner Zeitung, Ausgabe vom 09.07.2001
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Johannes Groschupf, Auf dem Türknauf wacht die weise Eule, aus: Der Tagesspiegel, Ausgabe vom 21.09.2011
- zur Asservatenkammer im Kriminalgericht vergleiche den Beitrag „Stumme Zeugen Tausender Verbrechen: Asservatenkammer im Berliner Kriminalgericht“, Märkische Oderzeitung vom 07.01.2012, unter www.moz.de
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SAT1, Hausmeister im Kriminalgericht Moabit, aus: YouTube-Video
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Eintrag Berlin, aus: Meyers Konversationslexikon, 1885
Berlin
Der Charakter der Berliner läßt sich schwer bestimmen, da im Lauf der Zeit die verschiedensten Elemente durch Zuzug von Fremden Platz gegriffen haben. Nach statistischen Berechnungen fließt in den Adern der Berliner 37 Prozent germanisches, 39 Prozent romanisches und 24 Prozent slawisches Blut. Aus dieser Mischung und den gegebenen Verhältnissen entwickelte sich mit der Zeit der eigentümliche Typus des Berliners, der all die guten und schlechten Eigenschaften der verschiedenen Nationalitäten, Rassen und Stämme in sich vereint: die Ausdauer, Zähigkeit und Gemütlichkeit des Deutschen, aber auch das Phlegma, die Schwerfälligkeit und Rechthaberei des Germanen; die Tapferkeit, Leichtlebigkeit und den Esprit des Franzosen, aber auch gallische Heißblütigkeit, Eitelkeit, Großsprecherei und Rauflust; die Anstelligkeit, Sprachfertigkeit und schnelle Fassungsgabe der Slawen, aber auch ihre Sorglosigkeit, Launenhaftigkeit und Genußsucht. Von Natur ist der Berliner gutmütig, leicht gerührt, in hohem Grad wohlthätig und unter Umständen großer Opfer fähig. Dagegen ist er ebenso leicht aufbrausend, zum Streit geneigt, rechthaberisch und spottsüchtig. Er kann keinen guten oder schlechten Witz unterdrücken; das „Nil admirari“ findet unter den Berlinern zahlreiche Vertreter.